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Audits – Wie starte ich richtig und finde die Wahrheit

Im ersten Teil ging es darum, wo ein Audit als Methode sinnvoll eingesetzt werden und wie es als Projekt aufgebaut sein kann.

Wie funktioniert das im Detail, was gilt es zu beachten und wie geht es weiter? Im zweiten Teil soll es um den kurzen, aber wichtigen Teil der Vorbereitung gehen.  Wir stellen die 3 Phasen Initialisierung, Beobachtung und Analyse vor und erläutern, was zu beachten ist. 

Die Initialisierung

Der Auftrag ist erteilt, das Audit steht vor der Tür - was nun? Ist schon alles klar? Reicht die bisherige Idee, oder gilt es noch etwas zu klären?

Gerade am Anfang können und müssen wir die Weichen für den Erfolg des Audits stellen. In der Phase der „Initialisierung“ können sowohl wir als auch der Auftraggeber sich Zeit für die Vorbereitung nehmen. Wir kalkulieren hier mit ca. einer Woche.

Konkret geht es darum, den Auftrag und die Erwartungen an das Audit zu schärfen:

  • Was will der Auftraggeber im Ergebnis des Audits erreichen?
  • Was erwartet der Kunde von uns als Auditierende genau?

Das klingt trivial – schließlich steht das doch sicher in der Beauftragung. Zwar sollte das so sein, hier lohnt sich aber immer eine Vertiefung. Dabei können insbesondere zusätzliche Gespräche und Interviews mit dem Auftraggeber sinnvoll sein. 

In der Initialisierung geht es aber auch um sehr konkrete organisatorische und planerische Aspekte.

Dazu gehört es, die Rahmenbedingungen beim Kunden abzustimmen (Verfügbarkeit von Ansprechpartner:innen, Dokumenteneinsicht, Meetings, etc.), die Klärung welche Liefergegenstände zu welchen Terminen entstehen sollen oder die Gestaltung von Kommunikations- und ggf. auch Eskalationswegen.

Als Auditierende nutzen wir diese Phase dazu, basierend auf dem Input des Kunden Besonderheiten einzuplanen und in die Feinabstimmung zu gehen: Welche konkreten Themen werden wir beleuchten und welche Fragen müssen wir stellen? Wie teilen wir unser Team auf, welche Interviews wollen wir mit wem führen und welche Dokumente sollten wir uns anschauen? Welche Templates und Tools setzen wir ein?  Unser Xenium-Auditvorgehen gibt uns hierfür einen geeigneten Rahmen vor.

Den Abschluss der Initialisierung bildet ein Kickoff mit allen Stakeholdern des Kunden, bei dem die Auditierenden klar darstellen, was erreicht werden soll, wie das konkrete Vorgehen aussieht und welche Rahmenbedingungen gelten. Wir plädieren hierbei für maximale Transparenz – sowohl den direkten Auftraggebern als auch dem gesamten betroffenen Team gegenüber. Dem Auftraggeber empfehlen wir, dieses Vorgehen auf seiner Seite mit gleicher Transparenz zu unterstützen. Ein Audit ist erfolgreich, wenn es nicht nur von außen kommt, sondern von den eigenen Mitarbeitenden unterstützt und aktiv mitgestaltet wird.

Im Ergebnis der Initialisierung entsteht ein mit dem Kunden abgestimmter Projektplan für das Audit, in dem Meilensteine, die Verantwortlichkeiten für das Audit und erwartbare Ergebnisse klar definiert sind. Wichtig ist aus unserer Sicht allerdings, dass die Auditierenden die Hoheit über das „Wie“ des Audits jederzeit behalten. So sind beide Seiten vorbereitet, es kann losgehen.

Die Beobachtung

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Audits ist der Zugang zu den „objektiven“ Informationen – wir müssen die Situation so dicht wie möglich an der Wahrheit erfassen. Die eine objektive Sicht auf ein Projekt gibt es wahrscheinlich nicht, aber als Auditierende ist unser Anspruch, so neutral wie möglich an ein Audit heranzugehen. Nur so ist der Mehrwert einer Außensicht auf ein Projekt auch für den Auftraggeber gegeben. Doch wie kann das gehen?

Schlüssel dafür sind das eigene Auftreten der Auditierenden, das Schaffen einer Vertrauensbasis zum Kunden und vor allem zu den einzelnen Mitarbeitenden. Dafür trennen wir die Phase des Beobachtens so weit wie möglich von der anschließenden Analyse. Das bedeutet:

  • „Rapport“ aufbauen, Ängste nehmen, Vorgehen und Ziele der Gespräche erklären
  • Erstmal nur aufmerksam zuhören, Informationen sammeln und nicht gleich kommentieren
  • Unterschiedliche Sichten aufnehmen - das geht über Interviews, Dokumente und verschiedene Stakeholder, nicht nur „Manager:innen“
  • Am Anfang keine eigenes Mindset einbringen; Nachfragen erfolgen nur, um Dinge zu verstehen
  • Vertraulichkeit und Anonymität zusichern und einhalten

 

Ein wesentliches Element dieser Phase sind Interviews. Diese müssen auf beiden Seiten vorbereitet werden. Auf Kundenseite braucht es vor allem Commitment und verfügbare Ansprechpartner:innen, die wissen, was auf sie zukommt. Die Auditierenden bereiten Fragen und Templates vor, planen die jeweiligen Interviews und legen eine klare Strategie fest.

Hier haben sich ein paar einfache Regeln bewährt:

  • Fragen präzise formulieren, Rückfragen erlauben
  • Offene Fragen bevorzugen, keine Suggestivfragen
  • Meinungen und Gefühle bei den Interviewten explizit zulassen
  • Als Auditierende am besten zu zweit in ein Gespräch gehen, live dokumentieren

Während des Beobachtens geht es darum, möglichst vielseitige, unbeeinflusste Informationen zu sammeln. Diese Phase kann für alle Beteiligten sehr intensiv sein. Viele Ansprechpartner:innen liefern in kurzer Zeit eine Vielzahl an Informationen. Daher ist es für die Auditierenden wichtig, immer wieder für einen zeitnahen Verständnisabgleich nach den Gesprächen und eine gute Dokumentation zu sorgen.

In der anschließenden Phase (dies muss nicht immer linear verstanden werden, denn Iterationen und Rückfragen sind selbstverständlich möglich) geht es nun darum, das Gehörte und Gelesene einzuordnen, unterschiedliche Wahrheiten abzugleichen und den Dingen auf den Grund zu gehen.

Die Analyse

Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit der Auditierenden, und wir bringen die eigene Erfahrung als Projektmanager:innen ein. Die durch Beobachtung erhaltenen Informationen müssen interpretiert und verstanden werden.

Hierfür haben sich verschiedene Methoden und Praktiken bewährt, die wir je nach Erfahrung des Auditteams einsetzen:

Root Cause Analysis

  • Was steckt hinter den Beobachtungen, welche Ursache führt wirklich zu den gehörten Aussagen?
  • Einsatz bewährter Templates: z.B. Fischgräten/Ishikawa-Diagramm, die „5 Warum“

 

Hypothesengetriebenes Arbeiten

Hypothesen sind eine weitere Möglichkeit, sich der Wirklichkeit zu nähern. Sie können als Basis für die weitere Analyse dienen und sollen absichern, dass die Ist-Situation möglichst objektiv und neutral erfasst wird. Entscheidend ist, sich darüber zu verständigen, ggf. auch nach Abstimmung mit dem Kunden, wie eine These verifiziert oder falsifiziert werden kann.

Weitere Werkzeuge können Walkthroughs mit Ansprechpartner:innen, Schreibtischtests und auch Rollenspiele sein, um Situationen greifbarer und verständlicher zu machen.

Ein vereinfachtes Beispiel für den Umgang mit Beobachtungen in der Analyse ist die Aussage einer Interviewten: „Ich kenne die Projektziele nicht“. Dafür kann es verschiedene Ursachen geben, die unterschiedlich zu bewerten sind. So ist vorstellbar, dass es in der Tat im gesamten Projekt keine klare Sicht auf die Projektziele gibt, dass diese nicht festgehalten oder nicht kommuniziert sind oder dass nur einzelne Mitarbeitende sie nicht kennen.

Für die Qualität des Audits wäre es allerdings schlecht, hier voreilig Schlüsse zu ziehen oder gar Maßnahmen abzuleiten, ohne solche Beobachtungen zu hinterfragen und Ursachen zu finden.

Die Analyse lebt stark vom Austausch der Auditierenden untereinander und dem ständigen Abgleich der Erkenntnisse.  Im Fokus steht stets, ein möglichst objektives Bild von der Ist-Situation zu erhalten. Unser Zwischenergebnis mit den bis hier gewonnenen Erkenntnissen können wir zum Abschluss dieser Phase für einen Angleich und zur Feinjustierung des weiteren Vorgehens gemeinsam mit dem Auftraggeber nutzen.

Im letzten Beitrag der Audit-Reihe werfen wir einen Blick nach vorn: Wie lauten unsere Schlussfolgerungen aus der Analyse und wie bewerten wir die Ergebnisse.

 

Titelbild: Charles Forerunner von Unsplash