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Audits – Von der Ist-Situation zu geeigneten Maßnahmen

In den bisherigen Beiträgen zu Auditprojekten stand das Vorgehen von der Initialisierung bis zur Analyse im Fokus. Für die Auditierenden ist die anschließende Herausforderung, aus dieser Analyse die für den Auftraggeber geeigneten Schlussfolgerungen zu ziehen.

Die Bewertung

Nicht jedes während der Analyse festgestellte Problem oder Risiko erfordert unverzügliches Handeln. Um zu wirksamen Handlungsempfehlungen zu gelangen, ist es während der Bewertungsphase am Audit-Team, in Abstimmung mit dem Auftraggeber die Themen mit dem größten Hebel zu bestimmen. Dabei gilt es, die festgestellten Defizite zu priorisieren. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten: Benchmarks oder im Vorfeld des Audits festgelegte KPIs können helfen. Die Ist-Situation muss bewertet und ins Verhältnis zu einem angestrebten Soll-Zustand gebracht werden.

Bsp: Hier ist in einem Spinnendiagramm je Dimension (Handlungsfeld) dargestellt, wo das Projekt (Istwert) im Verhältnis zum gewünschten Wert (Sollwert) und dem Industriebenchmark steht. Die Ergebnisse sind hier normiert auf eine Skala von 0 bis 5.

 

Dabei ist es aber wichtig, positive Einflüsse klar als solche zu benennen und sich nicht nur auf gefundene Probleme zu beschränken. Sind keine vorher vereinbarten oder standardisierten Maßstäbe vorhanden, hilft eine Priorisierung anhand der Auswirkungen der gefundenen Defizite.

Hat sich während der Beobachtungsphase z.B. herausgestellt, dass die Testabdeckung für automatisierte Test bei ca. 80% liegt, die angestrebte Testabdeckung (z.B. Firmencompliance) aber bei >90% liegt, so ist dies alleine noch kein Grund, auch sofort Maßnahmen zu finden. Es gilt zunächst zu überlegen, was das konkret für das Projekt bedeutet und wie gravierend dieser Umstand auch im Verhältnis zu anderen gefundenen Problemen ist. So kann es sein, dass die Fehlerrate in der Produktion trotzdem sehr gering ist oder nur Fehler niedrigerer Kategorie auftreten. In diesem Fall scheinen die 80% ausreichend zu sein und andere Probleme verdienen mehr Aufmerksamkeit.

Das Ergebnis einer auswirkungsgetriebenen Bewertung kann je nach Auftraggeber unterschiedlich ausfallen. Bei der Bewertung spielt die Erfahrung des Auditteams eine große Rolle. Es lohnt sich auf jeden Fall, mit dem Auftraggeber diese Bewertungen schon vor dem Abschluss des Audits zu besprechen. Wichtig ist allerdings auch, dabei den eigenen Standpunkt und das Ziel einer neutralen Außensicht nicht aus den Augen zu verlieren. Wenn wir als Auditierende erkennen, dass eine bestimmte Situation verändert oder erhalten werden muss, und dies durch unsere Analyse und die Bewertung belegen können, müssen wir dies klar kommunizieren.

Die Bewertung der priorisierten Themen hilft dem Auditteam und dem Auftraggeber, sich bei den anstehenden Änderungen auf die wichtigsten Probleme und Risiken zu konzentrieren und bereitet so die anschließende Phase der Empfehlung vor.

Die Empfehlung

Das eigentliche Ziel eines Audits soll immer sein, Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen: Was läuft schon richtig und soll erhalten werden? Wo müssen Anpassungen vorgenommen werden?

Mit den priorisierten Themen aus der Bewertung ist dafür schon eine gute Voraussetzung geschaffen. Jetzt gilt es für das Audit-Team „nur noch“ herauszuarbeiten, was konkret zu tun ist, um die gewünschte Projektsituation herzustellen.

Hierzu gibt es verschiedene Lösungsquellen:

  • Die individuelle Erfahrung des Auditteams unter Nutzung klassischer und kreativer Methoden (z.B. Design Thinking)
  • Ideen und Vorschläge aus den Gesprächen und Interviews der Analysephase
  • Erfahrungen des Netzwerks der Auditierenden

Während der Lösungsfindung hilft es, zu Beginn den Ideenraum möglichst breit zu stecken und auch scheinbar schwer umsetzbare Ideen zu betrachten. Es dürfen ruhig auch mutige Vorschläge zugelassen und weiterverfolgt werden.

Bei der finalen Empfehlung von Lösungen müssen schließlich die Rahmenbedingungen des Auftraggebers berücksichtigt werden. Dann heißt es, auch die Machbarkeit der Vorschläge im Auge zu behalten. Dem Kunden muss der Nutzen der Empfehlungen ersichtlich werden. Hier hat es sich bewährt, bei der Formulierung von Zielen dem SMART Ansatz zu folgen:

S impel – Empfehlungen sollen klar und verständlich formuliert sein. Wenige Sätze müssen ausreichen. Die Adressaten (in der Regel sind das auch die direkten Auftraggeber) müssen sie verstehen.

M essbar – Der Effekt, und noch besser der Aufwand, für eine empfohlene Maßnahme wird quantitativ beziffert . Wieviel Zeit oder Geld wird gespart und was muss ich dafür investieren?

A ttraktiv – Es muss klar sein, warum eine Maßnahme vorgeschlagen wird, immer aus der Perspektive des Auftraggebers. Hier können z.B. auch qualitative, soziale oder ökologische Effekte genannt werden.

R ealistisch – Die Umsetzung der Maßnahmen muss für den Auftragnehmer möglich sein. Hier spielen oft organisatorische oder wirtschaftliche Rahmenbedingungen eine Rolle.

T erminiert – Ein Bestandteil der Empfehlung sollen auch Aussagen darüber sein, wann die Maßnahme umgesetzt werden und wann sie abgeschlossen sein soll.

Darüber hinaus können die Auditierenden zusätzliche Informationen zu den Maßnahmen geben, so etwa Abhängigkeiten von anderen Maßnahmen, Voraussetzungen zur Umsetzung oder alternative Handlungsoptionen.

Derartig aufbereitete Empfehlungen erleichtern die Kommunikation mit den Auftraggebern und eine spätere Entscheidungsfindung zur Umsetzung.

Der Abschluss

Je nach Art des Audits kann die Erstellung einer Abschlusspräsentation oder einer Auditdokumentation einen erheblichen Aufwand erzeugen, obwohl die inhaltliche Arbeit ja „schon erledigt ist“. Daher ist es wichtig, schon zeitig im Verlaufe des Audits zu klären, in welcher Form die Ergebnisse am Ende vorliegen sollen und gezielt darauf hinzuarbeiten.

Wir empfehlen, sich bereits frühzeitig eine Struktur für die endgültige Darstellung der Ergebnisse zu überlegen und dann fortlaufend in diese Struktur hineinzuarbeiten und natürlich auch erforderliche Anpassungen vorzunehmen. So wird das Risiko minimiert, in einem in der Regel sowieso schon eng gesetzten Audit-Zeitplan am Ende nicht mehr genug Zeit für eine saubere Ausarbeitung zu haben.

Für die Aufarbeitung und Darstellung eines Audits gelten ähnliche Empfehlungen und Überlegungen wie für andere Präsentationen auch. Sie soll zielgruppengerecht und den Rahmenbedingungen entsprechend sein. Ein eingereichtes Word-Dokument ohne Tonspur muss anders aufgesetzt sein als eine Live-Präsentation mit Rückfragemöglichkeiten und Dialog. Es lohnt sich durchaus, hier noch einmal in Grafiken zu investieren, um Botschaften verständlicher zu präsentieren und Entscheidungen zu erleichtern.

Bsp: In dieser Darstellung sind die vorgeschlagenen Maßnahmen in eine Priorisierungsmatrix eingeordnet, farblich unterschieden nach den Handlungs-feldern, die der Kunde bereits kennt.

 

Die Story muss klar aufgebaut, formuliert und nachvollziehbar sein; idealerweise orientiert sie sich am dargestellten Audit-Vorgehen. Bisher nicht eingebundene Stakeholder müssen anders abgeholt werden als solche, die das Audit auf Auftraggeberseite ständig begleitet haben.

Die Aufbereitung von Empfehlungen in einer Form, die die Entscheidungsfindung ermöglicht, ist ein wesentlicher Teil der Abschlussarbeit. Auch hier gelten die Hinweise zu „s.m.a.r.t.“en Empfehlungen.

Es ist ratsam, insbesondere bei kritischen Botschaften keine Überraschungen zum Abschluss zu präsentieren. Über eine permanente Kommunikation zum Auftraggeber oder in vereinbarten Gremien und Terminen (Lenkungsausschuss, Zwischenpräsentationen) können heikle Themen bereits angekündigt werden. Immer wieder kommt auch die Frage auf, inwiefern man solch kritische Themen mit den Betroffenen vorher abstimmen sollte. Aus unserer Sicht ist eine vorab Information fair und empfehlenswert, da sie Rückfragen zulässt. Am Ende müssen die Auditierenden jedoch die Hoheit über das Auditergebnis und damit auch die Empfehlungen behalten.

Auch in der Abschlussdarstellung sollten positiv gefundenen Aspekte klar benannt werden. Wichtig für die Auftraggeber ist der Blick in die Zukunft. Wie sieht die Organisation, das Projekt oder die Architektur aus, wenn wir die empfohlenen Maßnahmen umsetzen? Wie kann ein konkreter Weg dorthin aussehen? Hier ist das Licht am Ende des Tunnels gefragt!

Schlussendlich kann und soll ein Audit immer nur der Startschuss für die eigentlichen Herausforderung sein: Das Umsetzen der Maßnahmen. Wo die Auditierenden ihre Arbeit beenden, fängt für den Auftraggeber die Arbeit erst an.

Doch als Auditoren  von Xenium freuen wir uns immer, wenn wir mit den Kunden die Gelegenheit haben, auch diesen Umsetzungsweg zu begleiten und selbst daran mitzuarbeiten, die Maßnahmen zum „Fliegen“ zu bringen.

 

Titelbild: Ketut Subiyanto von Pexels