Um bessere Entscheidungen zu treffen, lohnt sich zum Einstieg ein Blick auf die Hürden, die uns dabei im Weg stehen. In Decisive werden sie direkt den klassischen Stufen eines Entscheidungsprozesses zugeordnet:
Zu jeder Stufe des Entscheidungsprozesses liefert uns das Buch verschiedene Vorschläge, wie wir diese Hürden nehmen können und zu besseren Ergebnissen kommen.
Ziel ist es, vor einer Entscheidung die Scheuklappen abzulegen und möglichst mehrere (ernsthafte) Alternativen zu erarbeiten. Die Mehrheit der Entscheidungssituationen präsentiert sich zu Beginn sehr digital: "Soll ich oder soll ich nicht?", ist häufig die Frage. Gleichzeitig ist diese Frage ein guter Indikator, dass es sich lohnt, mehr über weitere Alternativen nachzudenken.
Zum Start schlagen die Autoren vor, sich mindestens die Opportunitätskosten einer Entscheidung bewusst zu machen: Eine Investition an einer für sich betrachtet sinnvollen Stelle, schränkt unsere Reaktionsfähigkeit bei zukünftigen, noch unbekannten, aber eventuell attraktiveren Optionen ein.
Ein weiterer Tipp ist, so zu tun, als stünde die gerade diskutierte Option gar nicht zur Verfügung. Welche Maßnahmen würden wir ergreifen, wenn wir nicht das Angebot unseres Dienstleisters hätten, das neue (und teure) ERP-Systeme einzuführen? Besteht eventuell doch die Möglichkeit unser aktuelles ERP-System so weiterzuentwickeln, dass unsere Anforderungen erfüllt sind? Oder: Reicht erst einmal ggf. ein neues Plugin?
Auch sollte man sich fragen, ob die „Entweder-Oder“-Situation tatsächlich besteht: Kann man vielleicht doch beides vereinen? So können Frontbildungen vermieden werden und die Parteien werden zu Kompromissen motiviert.
Aber auch, wenn wir mit den Reflexionsfragen nicht weiterkommen, müssen wir nicht gleich aufgeben. Wir können uns die Erfahrung anderer zunutze machen:
Steht man immer wieder vor ähnlich gelagerten Entscheidungen, bietet sich eine Checkliste an, die man für die konkrete Situation prüfen kann. Im Buch werden diese Listen auch als „Playlist“ bezeichnet.
Müssen z.B. immer wieder Projekte auditiert werden, hilft eine Liste der typischen Problemherde in Projekten. Neben dem Projektmanagement mit Aspekten wie Projektstrukturen, Methodik oder Einbindung in die Gesamtorganisation, lohnt sich zum Beispiel auch immer ein Blick in die Fachlichkeit oder die IT-Architektur mit all ihren Facetten. Auf diese Weise weitet man den Blick und erkennt, dass die Ursachen für Problemen an ganz anderer Stelle liegen, als zu Beginn vermutet. Somit zieht man auch andere Handlungsoptionen in Betracht. (Näheres dazu im Artikel "Raus aus dem Nebel")
Nachdem wir nun dafür gesorgt, haben, dass uns mehrere valide Handlungsoptionen vorliegen, gehen wir in die nächste Stufe des Entscheidungsprozesses. Dabei geht es darum, die Alternativen möglichst objektiv zu beurteilen. Die Brüder Heath stellen daher das Kapitel unter die folgende Überschrift:
Unser Gehirn hat die Angewohnheit, die Welt immer genau so zu interpretieren, wie wir sie uns vorstellen. Warum aber Annahmen treffen, wenn wir harte Fakten ermitteln können oder sogar selbst Dinge vorab ausprobieren können?
Bei der Bewertung der Entscheidungsoptionen empfiehlt Decisive wieder verschiedene Maßnahmen:
Intuitiv suchen wir häufig nur nach Belegen für unsere eigenen Thesen. D.h. wir nehmen oft nur die Informationen wahr bzw. bewerten sie so, dass sie unseren Wunsch unterstützen. Um diesen Mechanismus auszuschalten, schlagen die Autoren vor, einfach auf das Gegenteil unserer bevorzugten Alternative zu prüfen.
Aber warum interpretieren, wenn man auch einfach etwas ausprobieren kann? In der StartUp-Szene - und immer häufiger auch darüber hinaus - ist daher Design Thinking (Design Thinking Crash-Kurs) eine gern genutzte Methode, um in schnellen Experimenten Hypothesen zu überprüfen, daraus zu lernen und in der nächsten Iteration anzupassen. Haben wir ausreichend Informationen in Experimenten gesammelt, so kann eine deutlich fundiertere Entscheidung getroffen werden.
Die Suche nach belastbaren Indikationen für unsere Annahmen, füllt einen kompletten Abschnitt im Buch und gibt uns den Tipp, wie man am besten hilfreichen Input von Expertinnen und Experten erhält:
So sollten wir nicht Rat für unseren konkreten individuellen Fall einholen, sondern uns zu generellen Erfolgsraten für vergleichbare Vorhaben informieren. Sonst besteht die Gefahr, dass man den individuellen Umständen (Besonders erfolgsversprechende Idee! Bestes Gründer-Team ever!) ein zu hohes Gewicht bemisst, als die allgemeinen Erfolgsaussichten von Start-Ups es üblicherweise hergeben.
Gute Fragen an Expertinnen und Experten zeichnen sich dadurch aus, dass wir erfahren, welche Einflussfaktoren am stärksten wirken – positiv wie negativ.
So gerüstet mit objektiven Fakten steht der Entscheidungsfindung eigentlich nichts mehr im Wege, oder?
Die Unsicherheit, die mit Entscheidungen verbunden ist, führt häufig zu einem Mix aus Emotionen: Angst vor derKommunikation der Entscheidung und den kurzfristigen Folgen oder Angst vor dem Verlassen der Komfortzone und dem Verlust von Bestehendem.
Einige Methoden, um den Einfluss der Emotionen zu kontrollieren, sind folgende:
Sollte trotz dieser Maßnahmen die Entscheidung noch immer schwerfallen, so kann dies ein Indikator dafür sein, dass die Entscheidung für uns wichtige Prinzipien berührt oder sogar einen Wertekonflikt aufzeigt. In dem Fall geht es dann nicht um die objektiven Pros und Contras der Alternativen, sondern wir müssen uns auf Ebene der Werte entscheiden. Bei einer Entscheidung für eine neue berufliche Position kann ein neuer Job lange ersehnte Karrierechancen und Herausforderungen bieten. Allerdings können sich meine Lebensumstände inzwischen so geändert haben, dass Stabilität und Planbarkeit einen höheren Stellenwert einnehmen. Dieser Widerspruch muss dann auch genau auf dieser Ebene entschieden werden.
Der letzte Abschnitt des Buches beschäftigt sich mit der Zeit nach der Entscheidung. Kernaussage ist, dass wir die Entwicklung nach einer Entscheidung aufmerksam im Blick zu behalten sollten:
So wird die Entscheidung Kodaks, weiter auf klassische Filme und nicht digitale Fotografie zu setzen, genauer analysiert: Zum Zeitpunkt der initialen Entscheidung seien die richtigen Schlüsse gezogen worden: Anfangs war die Qualität der digitalen Fotos und die Möglichkeit digitale Bilder zu präsentieren der klassischen Fotografie in keiner Weise gewachsen. Mit der Zeit hatte aber eine rasante Entwicklung eingesetzt. Hilfreich hätte beispielsweise ein Triggerpunkt sein können: Wenn mehr als 10% der Menschen ihre Zufriedenheit mit digitaler Fotografie bekunden, bewerten wir die Situation erneut.
Zu viel Input auf einmal? Vielleicht hilft als Gedankenstütze für die Tipps aus dem Buch die Abkürzung WRAP, die uns an die vier Schritte erinnern soll:
Widen you options
Reality-Test your assumptions
Attain Distance before deciding
Prepare to be wrong
Diese Schritte garantieren nicht, dass wir immer die richtige Entscheidung treffen. Sie leiten uns aber an, den Prozess so zu gestalten, dass wir möglichst objektiv bleiben.
In diesem Sinne: Viel Erfolg beim WRAPen Eurer Entscheidungen!
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